Gastbeitrag von von Kyra Nastassja Furgalec

Ob im Bus, in den Sozialen Medien, auf Plakaten, im Fernsehen oder im Supermarkt – Werbung ist allgegenwärtig. Sofern man nicht gewillt ist, ohne Zugang zum Internet  und abseits jeglicher Zivilisation zu leben, scheint es schier unmöglich sich der Konfrontation mit Werbeinhalten zu entziehen. Werbung ist fester Bestandteil unseres Alltags. Dabei ist es ganz gleich ob es uns lieb ist oder nicht, Werbung wirkt. Und zwar nicht ausschließlich in Bezug auf unser Konsumverhalten.

Sowohl die Medienwirkungsforschung als auch andere wissenschaftliche Disziplinen belegen es vielfach: Die Werbeinhalte beeinflussen unsere Vorstellung von uns selbst und somit unser Selbstwertgefühl, aber auch Annahmen über andere Menschen(-gruppen) und geschlechtliche Rollenbilder. Werbung ist weit mehr als ein Abbild unserer Gesellschaft. Schließlich wird sie willentlich von Menschen geschaffen und nimmt somit proaktiv Einfluss auf unsere Lebenswelt. Dass Werbung soziale Verantwortung trägt, ist demnach keine Frage der Meinung, sondern unverkennbarer Fakt.

Trotz einiger Positivbeispiele sind sich viele Marketingtreibende der Verantwortung nicht bewusst oder ignorieren diese sogar wissentlich. Das aktuell prominenteste Negativbeispiel hierfür dürfte wohl das Unternehmen „true fruits“ sein, das seit Jahren regelmäßig durch vielfältig diskriminierendes Marketing in der Öffentlichkeit steht. Ganz getreu dem Motto „bad publicity is better than no publicity“ setzt true fruits unter dem Deckmantel des Humors durch sexistisches, rassistisches und ableistisches Marketing bewusst auf maximale Öffentlichkeit durch kalkulierte „Shitsorms“.  Gesellschaftlich benachteiligte Menschengruppen instrumentalisiert das Unternehmen zur Gewinnsteigerung. Ebenso agiert das Unternehmen mit Sprüchen wie  „fett bist du geworden” fettfeindlich und  reduziert Menschen auf ihr Äußeres. True fruits konstruiert ein weißes, normatives Schönheitsideal, das nicht der diversen Realität der Gesellschaft entspricht. Darüber hinaus verherrlicht true fruits sexuelle Gewalt und agiert frauenfeindlich, in dem das Unternehmen Flaschen mit dem Spruch “abgefüllt und mitgenommen” bewirbt oder Kritiker_innen öffentlich entgegnet „Hast du etwa ein Penis-Trauma?“. Auf sachliche Kritik reagiert das Unternehmen menschenverachtend und bedient sich dabei rechtspopulistischer Rhetorik.

Sowohl der österreichische als auch der deutsche Werberat rügten true fruits zwischenzeitlich mehrfach. Da einer solchen Rüge jedoch keine ernsthaften Konsequenzen folgen und darüber hinaus kein rechtlicher Rahmen existiert, der Schutz vor diskriminierender Werbung bietet, gründete ich Anfang 2019 die Kampagne #truediskriminierung.  Die Kampagne soll am Beispiel true fruits verdeutlichen, warum ein rechtlicher Schutz vor diskriminierendem Marketing,  Werbeinhalten und sonstigen kommerziellen Medieninhalten unbedingt nötig ist und schließt sich somit den Forderungen des Frauen*Volksbegehren an. #truediskriminierung bietet den von Diskriminierung betroffenen Menschen eine öffentliche Plattform und fordert Marketingtreibende sowie Handelspartner_innen auf, ihrer sozialen Verantwortung endlich gerecht zu werden.

Die Petition zur Kampagne kann inzwischen über 58.000 Unterschriften verzeichnen. Auf Instagram folgen #truediskriminierung über 14.000 Menschen. Neben Christian Berger, freue ich mich sehr, dass ich seit einiger Zeit auch Beatrice Frasl, Madeleine Daria Alizadeh und Charlotte Roche zum Kampagnenteam zählen darf. Darüber hinaus erhalte ich überaus solidarische Unterstützung von Personen, Initiativen und Vereinen aus Deutschland und Österreich. Gemeinsam konnten wir bereits relevante Kampagnenerfolge verzeichnen und eine breite Öffentlichkeit für unsere Anliegen schaffen: Zahlreiche Medien wie Der Standard, WELT, oder VICE berichten über #truediskriminkierung und rücken unser Anliegen in den Fokus.