Selbst bestimmen – Abbruch
Ich heiße Carmen und bin 37 Jahre alt.
Schwangerschaftsabbrüche sind in unserer Gesellschaft nach wie vor ein großes Tabuthema. Auch mich hat es betroffen.
Drei Wochen, nachdem mein damaliger Partner und ich uns getrennt hatten, erfuhr ich, dass ich schwanger war. Zu dem Zeitpunkt war ich alleinerziehende Mutter eines Kindes und fing gerade in einem neuen Job an.
Mein schlechtes Gewissen plagte mich ständig
Tausend Gedanken gingen mir durch den Kopf: Schwierigkeiten mit dem Job, kein Geld, die Konfrontation mit dem zukünftigen Vater, das schlechte Gewissen beim Gedanken daran, das Kind nicht zu bekommen. Angst, alleinerziehende Mutter von ZWEI Kindern zu sein und vor dem kompletten gesellschaftliche Abstieg. Angst, keine Wahlfreiheit zu haben.
Mein Ex-Partner begrüßte meine Entscheidung zum Abbruch sehr, an mir nagte weiterhin das schlechte Gewissen. Nicht aus Egoismus wollte ich es nicht bekommen, nicht weil ich dieses Kind nicht lieben würde – sondern weil ich keinen Weg gesehen habe wie ich es finanziell, gesellschaftlich und beruflich schaffen hätte sollen.
Ich entschied mich für die chirurgische Variante des Abbruchs, die 500 Euro kostete. Es gibt eine Praxis in meiner Stadt, die, wie ich überrascht feststellte, ziemlich ausgebucht war. Ich war nicht alleine, aber das war ein schwacher Trost.
Der Weg dorthin war schrecklich. Die Beschilderung war schlecht und wird nach wie vor von Abtreibungsgegnern abmontiert und beschmiert. In der Praxis gab es karg ausgestattete Zimmer, davon wurde mir eines zugewiesen. Mein erster Gedanke: so muss es in einem Gefängnis aussehen. Kalt und steril. Ich hatte eine zweite Dame im Zimmer – Mitte Dreißig und Mutter von drei Kindern.
Nach dem Abbruch war ich komplett alleine
Der weitere Verlauf war kalt, ohne jegliche Wärme und Menschlichkeit. Immer schwang das Gefühl mit: Es ist unrecht. Ich wurde rasch entlassen, ging nach Hause und war alleine. Am Tag nach dem Abbruch ging ich normal zur Arbeit und funktionierte ein halbes Jahr lang, bis nichts mehr ging und eine dysthym-depressive Episode und ein Überlastungssyndrom diagnostiziert wurde. Die Folgen des Verdrängens und Vergessen-wollens.
Ich beschäftigte mich im Nachhinein noch damit dass ich in der Praxis nicht wie erwartet, naive Teenager gesehen hatte sondern in der Regel erwachsene Frauen mit ein oder mehreren Kindern.
Die gesellschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen sind in Österreich NICHT gegeben um es alleine guten Gewissens zu schaffen. Und mit der jetzigen politischen Entwicklung gehen wir statt nach vorne einige Schritte zurück. Erwartet wird eine größere Flexibilität dem gegenüber stehen weniger Einrichtungen, weniger Unterstützungen, zu wenige Kinderbetreuungsstätten.
Im Verborgenen betrifft es sehr viele Frauen
Unterschreibe bitte für mich und alle Frauen die förmlich gezwungen sind aus der Not heraus einen Abbruch zu machen. Für Frauen, die die Konsequenzen einer solchen Entscheidung womöglich ihr Leben lang mittragen müssen und nie verarbeiten. Frauen, die aus finanziellen Existenzängsten den Abbruch machen müssen und sich dabei vielleicht noch überschulden, da dieser Weg nicht kostenlos ist (in keiner Hinsicht). Dafür, dass Frauen nach einem Abbruch nicht in kargen Zimmern aufwachen müssen und alleine gelassen werden.
Unterschreibe für mich.
Unterschreibe für Carmen vom 1.-8. Oktober in jedem österreichischen Gemeindeamt!
Das Frauenvolksbegehren fordert: