Meisterstück des Patriarchats – Eine Tragödie in drei Akten.

In den letzten zwei Wochen wurde das Frauen*Volksbegehren häufiger in Kombination mit dem Namen Maria Stern erwähnt. Tatsächlich wurden wir ungefragt in diesen Film mit hineingezogen. Beginnen wir mit der Vorstellung der tragischen Nebenfigur in der Causa Pilz, Maria Stern.

In den Medien und auch in Posts auf diversen Social Media-Kanälen war und ist von ihr als eine der Initiatorinnen und als „Chefin“ des Frauen*Volksbegehrens die Rede. Witzigerweise wurde sie nie als das bezeichnet, was sie in Bezug auf das Frauen*Volksbegehren tatsächlich ist: Eine ehemalige Sprecherin. Von uns Initiatorinnen bewusst gesucht. Gefunden als eine, die die Anliegen Alleinerziehender vertreten kann, ist sie Ende März 2017 dazu gestoßen und hat begonnen mitzuarbeiten.

Sie hat drei Interviews gegeben und um die 10 Treffen mit uns gehabt, bevor sie im Juli, am Tag, als ihre Kandidatur für die Liste Pilz bekannt wurde, ausschied. Warum? Weil das Frauen*Volksbegehren eine überparteiliche Initiative ist und es für uns nicht in Frage kam, dass sie bleibt. Tatsächlich war das aber auch nie ihr Vorhaben. Seit also fast einem Jahr ist sie nicht mehr in die Geschicke des Frauen*Volksbegehrens involviert und wird es auch nicht wieder sein. Wir haben damals eine unmissverständliche Presseaussendung dazu herausgegeben. Daran hat sich bis heute nichts geändert.

Das Verhältnis des Frauen*Volksbegehrens zur Liste Pilz ist genauso gut und schlecht, wie zu allen anderen Parteien. Wir haben oft die Position einer Kritikerin inne. So muss es auch sein, denn das Frauen*Volksbegehren hat eine ganz klare Vorstellung davon, wie sich Gesellschaft und Politik verändern müssen, damit endlich echte Chancengleichheit besteht.

Und alleine aus diesem Grunde handelt es sich bei der Inszenierung der Liste Pilz ganz und gar um eine, die uns missfällt. Frauen in der Partei haben eindeutig nicht die gleichen Chancen wie Männer* und ihre Personen scheinen bei Weitem auch nicht gleich viel wert zu sein, wie die der Männer*. Wie frau es dreht und wendet, es ist nicht zu erkennen gewesen, dass zu irgendeinem Zeitpunkt wirklich alle Abgeordneten in Betracht kamen, für Pilz den eigenen Platz herzugeben. In unseren Augen hat es mehr als einen Moment in den letzten Wochen gegeben, wo die Liste Pilz zutiefst unfeministisch gehandelt hat. Da ist der Moment, in dem zwei alte weiße Männer Chefs werden und erklären, die Zukunft der Partei gehöre den Frauen*. Warum nicht jetzt? Immer wieder handelt die Liste Pilz nach dem Motto: morgen, morgen, nur nicht heute. Das steht im klaren Gegensatz zum Selbstverständnis des Frauen*Volksbegehrens. Wir wollen Handlungen und Taten. Jetzt. Heute für morgen.

Da sind die Momente, in dem völlig unsolidarisch, öffentlich, immer wieder auf eine Abgeordnete geschossen wird. Völlig gleich, wie falsch oder unverständlich das Verhalten von Martha Bissmann sein mag, wieder ist das Verhalten der Liste unfeministisch.

Da ist der Moment, wo der frühere Klubobmann von seinen Kolleginnen als Mädels spricht.

Da sind die vielen Momente, in denen immer wieder behauptet wird, Peter Pilz hätte Verantwortung übernommen für die Vorwürfe der sexuellen Belästigung. Tatsächlich aber ist das Gegenteil der Fall. Und ganz sicher kann er in diesem Kontext kein Vorbild sein. Uns ist entgangen, dass er sich einmal laut und deutlich bekennt, entschuldigt und sagt, dass er sich ändern will. Er scheint keineswegs begriffen zu haben, dass er sich seiner Macht – mehr als einmal – ausnutze. Verantwortung würde er übernehmen, wenn er eine Initiative gründen würde, die sich mit der Aufdeckung dieser Fälle in der Politik und auf anderen hierarchischen Ebenen auseinandersetzt. Ein Märchen? Unvorstellbar? Scheinbar. Für uns aber eindeutig eine ungenutzte Chance und damit bleibt die Verantwortungsübernahme ein Lippenbekenntnis. Ein schlechter Witz!

Da ist der Moment, in dem Maria Stern sich entscheidet, auf ihr Mandat zu verzichten. Aus menschlicher und auch taktischer Sicht ist das zutiefst verständlich. Erkennbar für alle war der Druck, sicher auch Angst und ja definitiv auch ihr Bemühen, das Richtige zu tun. Aber es war eben auch wieder kein Moment eines feministischen Handelns, sondern, wie Elfriede Hammerl geschrieben hat, femininen Handelns.

Die ganze Causa ist ein Meisterstück des Patriarchats, wie es niemand hätte besser inszenieren können. Passend hier die Analogien zu einer Soap, wie sie im Sozialen Netz für die Causa gewählt werden.

Eine Soap, durchdrungen von Klischees, stereotypen Verhalten und Männerbündeleien. Und übrigens nicht nur innerhalb der Liste, sondern auch außerhalb. Da sind die vielen Menschen, die rufen: „Bravo, Maria.“ Ihr Name hätte nicht passender sein können. Für viele ist sie der aufgehende Stern. Eine Frau, die alles richtig gemacht hat.

Da sind die Menschen, die sie als Schlange, als hinterhältig und verschlagen bezeichnen. Auch ein aus der Bibel bekanntes und sehr beliebtes Motiv. Die Verräterin, die Verführerin. Auch von diesen normierten Verhaltensreaktionen wollen wir uns distanzieren. Wir kennen die Hintergründe nicht und sie tun auch nichts zur Sache. Unsere Kritik des Stückes fällt ganz simpel und einfach aus. Die causa Pilz ist ein Meisterstück des Patriarchats, nichts daran ist neu! Alles daran ist veraltet und das Stück taugt allenfalls für den Geschichtsunterricht als Musterbeispiel tradierter Normen. Es ist eine Tragödie in drei Akten. Der letzte Akt steht noch aus. Wir dürfen also gespannt sein.

Autorin: Lena Jäger