Gewalt verhindern, aber wie?

USA, 2015: An der Uni Stanford wird eine bewusstlose Frau vergewaltigt. Dass der Täter auch ein Topschwimmer der Elite-Universität ist, scheint in der Berichterstattung interessanter zu sein als die grausame Tat an sich. Was folgt, sind demütigende Verhöre, in denen die junge Frau immer wieder über ihr Sexualleben ausgefragt wird, in denen ihr vorgeworfen wird ‚sie hätte es eh gewollt‘. Urteil: Sechs Monate Haft für den Täter. Das ist alles.

Leider sind Gewalt an Frauen*, Vergewaltigungen und sexuelle Belästigung kein Einzelfall: Es passiert auf der ganzen Welt, ständig und überall. Dass sich etwas verändern muss, findet auch die neue Regierung in Österreich, und spricht sich für eine Verschärfung des Strafrechts bei sexueller Gewalt aus. Obwohl angemessene Strafen wichtig sind, zweifeln Expert*innen an der Sinnhaftigkeit dieser Maßnahmen. Denn ein wenig wirkt das auch wie eine Verschleierung der eigentlichen Probleme, mit denen wir uns auseinandersetzen müssen: Dass jede fünfte Frau* in Österreich von Gewalt betroffen ist, dass drei Viertel der Frauen* von sexueller Belästigung betroffen sind, und dass ein Großteil der Fälle schlichtweg nicht angezeigt werden. Weil die Täter oft Bekannte des Opfers sind. Und weil Frauen*, die ihre Täter anzeigen, wieder und wieder öffentlich in ihrer Glaubwürdigkeit angezweifelt werden; marginalisiert und erniedrigt werden.

Warum reden wir nicht darüber? Warum fragen wir nicht, wie es sein kann, dass Gewalt in so einem hohen Ausmaß existiert? Wie es sein kann, dass Frauen* so oft entscheiden, ihre Täter nicht anzuzeigen? Dass sie oft erst Jahre später darüber sprechen? Warum reden wir nicht darüber, was dagegen getan werden kann?

Denn ein verhärtetes Strafgesetz (das übrigens vor zwei Jahren schon einmal verschärft und seit damals noch nicht ausgewertet wurde), sieht vielleicht am Papier gut aus, aber ob es überhaupt etwas verbessern kann, ist fraglich. Expert*innen befürchten, dass Täter aus dem sozialen Nahraum so noch seltener angezeigt werden und, dass die Erhöhung der Strafe keine große Abschreckung darstellt, eine Tat nicht zu begehen. Es gibt viele sinnvolle Möglichkeiten Zeit, Energie und Geld in Gewaltprävention zu investieren, warum wird (wieder) gerade beim Strafrecht angesetzt?

Deshalb fordert das Frauen*Volksbegehren die Erforschung und Bekämpfung von Ursachen der Gewalt, sowie:

  • Den bundesweiten Ausbau von staatlich finanzierten und rechtlich abgesicherten, leicht zugänglichen, kostenfreien Einrichtungen und Beratungsstellen für alle gewaltbetroffenen Frauen* und ihre Kinder
  • Den Ausbau der Kooperation zwischen Behörden, Gerichten und Gewaltschutzzentren
  • Verstärkte Sensibilisierungsprogramme in Schulen, der Justiz und der Polizei sowie Präventionsprogramme und Antigewalttrainings für Gefährdende

Damit „sie wollte es eh“ und Triebtatargumente nicht mehr akzeptiert werden.  Damit Gewalt schon im vorhinein verhindert werden kann. Damit mehr Frauen* Gewalttaten anzeigen. Damit sie darüber sprechen können, ohne öffentliche Erniedrigung befürchten zu müssen.

Für echte Sicherheit!